DIES & DAS FAMILIE & PFERD

Meine Tochter & das Schimmelchen

Wie sich die beiden kennenlernten und wie ich damit umgehe, dass meine kleine Große reiten lernen möchte.

Als ich das Schimmelchen letztes Jahr im Sommer kaufte ging ein Traum für mich in Erfüllung. Ich freute mich sehr auf das Abenteuer plötzlich Pferdebesitzerin zu sein. Ich hatte aber nicht damit gerechnet, dass noch ein Traum in Erfüllung gehen würde, nämlich, dass meine Tochter die gleiche Pferdenärrin werden würde wie ich. 

Auch wenn sie anfangs sehr skeptisch und zurückhaltend war und das Schimmelchen mit gebührendem Abstand beobachtete, keimte schon die Sehnsucht in ihr, mit wehendem Haar über ein Stoppelfeld zu galoppieren. 

Immer häufiger begleitete sie mich in den Stall und jedes Mal wurde der Abstand zwischen ihr und dem großen weißen Pferd kleiner. Bis sie sich traute ihm einen Apfel aus der Hand zu füttern. Ganz vorsichtig nahm der Schimmel dem zarten Mädchen den Apfel von der Handfläche. Als ob er spüren würde, dass er jetzt besonders aufpassen muss.

Kinder sind ehrlich, sie verstellen sich nicht. Meine Tochter versteckt ihre Vorsicht nicht und sie lässt sich selbst und dem Pferd genug Zeit, setzt sich nicht unter Druck. Genauso lässt sie ihren Gefühlen freien Lauf, wenn sie im Trab vor freute jauchzt und lacht. Der Schimmel spürt, dass es da jemand gut mit ihm meint und schnaubt ein paar Mal laut ab. 

Und trotzdem spüre ich den keimenden Ehrgeiz in ihr. Nur Schritt ist plötzlich langweilig. Wer einmal galoppiert ist, will immer wieder galoppieren. 

Ich beobachte sie, während sie die anderen Kinder in der Reitstunde beobachtet. Und ich weiß, dass sie das bewundert, was mich wundert. Sie sieht Mädels im schicken Reitoutfit mit glitzernder Gerte, die in der Abteilung auf den Schulponys leichttraben. Ich sehe Kinder die den Ponys mit den Zügeln im Maul reißen, die beratungsresistent auf dem falschen Fuß traben oder einfach nur Passagier sind. Die Eltern sitzen auf der Tribüne, filmen mit dem Handy und beschweren sich im Anschluss an die Stunde beim Reitlehrer, weil das Kind nicht frei galoppieren durfte oder nicht das Wunschpony bekommen hat. Dass besagtes Pony schon drei Reitstunden hinter sich hat und nicht mehr kann, wird achselzuckend unkommentiert gelassen. Das Kind will reiten, wen interessiert da das Pferd?

Ich bin selbst Reitanfängerin. Ich weiß, wie es ist wenn man von vorne beginnt und alles lernen muss. Auch wenn viele erfahrene Reiter sagen, dass sie niemals auslernen.  Daher weiß ich jetzt auch, dass zur Leidenschaft für Pferde und Reiten nicht nur viel Übung gehört, sondern auch viel Gefühl und eine Menge Theorie. Zumindest, wenn es um das Pferdwohl geht und nicht nur um den Sport. 

Aber vor allem geht es um den Respekt vor und um die Freude am Umgang mit dem Lebewesen Pferd. 

Ich möchte dass meine Tochter das zuerst lernt. Dass sie Respekt hat und Freude, sich spielerisch nähert ohne Druck und zu viel wollen. 

Und dass sie die Arbeit sieht, die ein Pferd macht. Dass es eine Box hat, die ausgemistet werden muss und einen Paddock, den man rechen muss. Dass Sattel und Zaumzeug gepflegt und Decken, Schabracken und Gamaschen gewaschen werden müssen. Dass ein Pferd täglich gefüttert, gestriegelt und Hufe ausgekratzt werden müssen. 

Ich will nicht, dass sie auf ein gesatteltes Pferd aufsteigt und nach der Stunde dem nächsten Reitschüler die Zügel in die Hand wirft.

Wenn meine Kindergartenfreundin Lena (Lills Blog) erzählt wie sie reiten gelernt hat, dann glaube ich immer mehr, dass das der richtige Weg ist. Zumindest zu Beginn. Ohne Sattel, die kleinen Finger in der Mähne und ab geht’s über die Koppel. Das Pferd als Freund begreifen und nicht als Sportgerät. 

(Und ja ich weiß, dass diese romantische Vorstellung in den 1980er Jahren noch funktioniert hat und wir heute (zu Recht) viel vorsichtiger geworden sind. Und nein, ich würde meinem Töchterchen nicht erlauben ohne Helm zu reiten) 

Und dann, wenn die Kinder größer sind und das Interesse mitgewachsen ist, ist der richtige Zeitpunkt für Reitunterricht. Für klassische Reitkunst, für Dressur und Springen und theoretisches Wissen, für Reiten- und Fahren Band 1 und die ersten Reitabzeichen. 

Während ich diesen Artikel schreibe, übt mein Töchterchen Galoppwechsel auf dem Rasen. Sie hat sich aus Blumentöpfen und Bambusstangen einen Parcours aufgebaut und springt um den Birnbaum. Rechtsgalopp, Linksgalopp, Rechtsgalopp, Abteilung im Arbeitstempo Teeeeerab, durch die ganze Bahn wechseln und in der Ecke wieder angaloppieren. Immer wieder berlinert sie laut: Mach dir mal jerade oder bring Körperspannung in dir (Ratet mal wo unser Reitlehrer herkommt 😉 

Vorerst hat sie sich entschieden zu den Voltimädels zu einer Schnupperstunde zu gehen. Auch unser Reitlehrer hält Voltigieren für einen guten Einstieg. Turnen auf dem Pferd gibt ein gutes Körpergefühl, Balance, Muskelkraft, Vertrauen, Lockerheit und Spaß natürlich! 

Und am Wochenende setze ich sie weiterhin auf das Schimmelchen und wir marschieren durch die Halle. Noch drei Zentimeter und die Füße erreichen endlich die Steigbügel. Sie kann es kaum erwarten Leichttraben zu üben. Bis der Zeitpunkt für Reitunterricht gekommen ist, machen wir genau so weiter. Das Töchterchen, das Schimmelchen und ich… 

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