DIES & DAS

Reiten in der Schwangerschaft

Genau wie meine 6-jährige Tochter, ist auch mein zweites Kind ein Wunschkind und dadurch auch irgendwie „geplant“ gewesen (soweit man Kinder eben planen kann). Also habe ich mich schon vor dem positiven Schwangerschaftstest mit dem Thema Reiten in der Schwangerschaft beschäftigt. 

Aber erst als ich dann tatsächlich schwanger war, begann ich mich intensiv damit auseinander zu setzen. Ich tat das, was wahrscheinlich alle zuerst machen- ich gab „Reiten in der Schwangerschaft“ bei Google ein. Da fand ich erwartungsgemäß ziemlich viel. 

Von Erfahrungsberichten von Profireiterinnen, Meinungen von Hobbyreiterinnen und Müttern allgemein, von Gynäkologen, Orthopäden, Kinderärzten, Unfallchirurgen über Angebote für Schwangerschaftsreithosen und Reitbeteiligungen. Es nahm kein Ende. Ich klickte mich durch mehrere Reiter- und Elternforen, übersprang die Youtube-Videos aus Operationssälen und landete schließlich bei diversen Mama-Reiterinnen-Blogs. 

Viele Menschen haben zu diesem Thema viele Meinungen! Was soll ich glauben, was stimmt, wer hat Recht? 

Ich beschloss die obligatorischen 12 Wochen abzuwarten und mir bis dahin im Stall nichts anmerken zu lassen.  

Aber wie das so ist mit Plänen… 

Auch wenn ich mich äußerlich nicht verändert hatte, so hatte sich doch mein Gefühl geändert. Ich war schwanger und ich wusste das. Mir wurde immer bewusster, dass da ein kleiner Mensch in mir heranwuchs und es ab jetzt wieder meine Aufgabe war, ihn zu beschützen. 

Ich stieg in den Sattel und ich war plötzlich unsicher. Ich wurde schreckhaft und ängstlich, traute mich plötzlich nicht mehr anzugaloppieren und parierte bei jedem lauten Geräusch sofort zum Schritt durch. 

Das Schimmelchen spürte meine Unsicherheit und mein Reitlehrer auch. 

Ich sprach mit meiner Freundin und Gynäkologin, die mir (nicht nur aus ärztlicher Sicht) riet, ab sofort bis zur Geburt nicht mehr zu reiten.  Das Verletzungsrisiko sei einfach zu hoch, nicht nur für das Kind, auch für mich. Sollte ich stürzen und mir „nur“ den Arm brechen, könne nicht mal ein Röntgenbild gemacht werden. Zu dem kam die Corona-Situation, in der sowieso jeder Krankenhausaufenthalt zu vermeiden war. Von der Gefahr für den kleinen Menschen mal ganz abgesehen. Was wäre, wenn ich stürzen und eine Fehlgeburt erleiden würde…? 

Ich bin kein besonders mutiger Mensch. Im Zweifelsfall gehe ich kein Risiko ein und vermeide Gefahr. Das zieht sich durch alle meine Lebensbereiche. Reiten ist, in gewisser Hinsicht, immer gefährlich. Von Tieren, und besonders von so großen, geht immer eine Gefahr für den Menschen aus. Ein unbedachter Moment, ein Huftritt und- naja, lassen wir das. 

Schweren Herzens sprach ich mit meinem Reitlehrer. Er war sehr einfühlsam und verständnisvoll und versprach, mir durch diese lange „Leidenszeit“ hindurch zu helfen. Er ging in sein Büro und kam mit einem Buch über Bodenarbeit wieder heraus, drückte es mir in die Hand und sagte: „Melde dich, wenn du es gelesen hast, dann legen wir los!“

Ich sprach mit meiner Reitbeteiligung, wir teilten die Wochentage neu auf und ich plante mir zwei feste Tage für Boden- und Freiarbeit ein. Meine Laune wurde wieder besser und ich beschloss, die Reitpause als Chance zu nutzen, wieder etwas ganz neues zu lernen und das Schimmelchen noch mal von einer ganz anderen Seite kennen zu lernen- nämlich auf Augenhöhe! 

Als ich im Stall erzählte warum sich unser Trainingsplan geändert hatte, freuten sich alle über den Reiternachwuchs. Viele Reiterinnen erzählten mir ihre persönliche Schwangerschaftsgeschichte und wie sie das gehandhabt hatten, als sie schwanger waren. Jede Geschichte war nachvollziehbar und bewundernswert. Keine Reiterin und Mutter hat irgendetwas besser oder schlechter als eine andere gemacht. Manche hörten schon während der Kinderplanung auf, andere ritten fast noch bis zur Entbindung. Jede hatte für sich individuell entschieden. 

Und alle sagten, dass das Gefühl stimmen muss. Und ich glaube, darauf kommt es an! 

Wie es nach der Schwangerschaft weitergeht, wie schnell ich wieder in den Sattel steige, weiß ich momentan noch nicht. Ich freue mich aber schon unendlich darauf und werde euch gerne berichten. 

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