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Zubehör für Pferd & Reiter aus Wolle – geht das ohne Tierleid?

Lammfeld unter dem Sattelgurt, Wolle unter den Bandagen, Decken und Schabracken aus Wolle… Wolle ist für Pferde ein beliebtes Material, doch steht sie auch für sehr viel Tierleid. In diesem Artikel wollen wir ein wenig aufklären. Ist Wolle nachhaltig und eine tolle Alternative zu Kunstfasern, oder sollten wir sie meiden, das sie mit so viel Tierleid in Verbindung gebracht wird?

Wolle ist ein natürliches Material, dass nicht nur eine tolle Alternative zu Kunstfasern ist, sondern auch besser funktioniert. Aber was ist mit dem Tierleid hinter den Wollprodukten? Wie Leder wird Wolle schnell von der Einkaufsliste gestrichen, denn sie ist nicht vegan und die Berichte über die grausame Haltung von Schafen zur Wollgewinnung geben uns Bilder, die man nicht so schnell wieder vergisst. Besser also ganz auf Wolle verzichten und zu Kunstfell greifen, bevor das Blut an den eigenen Fingern klebt. 

Oder geht Wolle auch ohne Tierleid?

Anders als beim Leder, muss für Wolle erstmal eigentlich kein Schaf sterben. Ganz im Gegenteil, die jährliche Scherung der Schafe befreit diese von der dicken Winterwolle und lässt sie im Sommer nicht so stark schwitzen. Ganz egal ob ein Schäfer die Wolle verkauft oder nicht, geschoren werden die Schafe trotzdem und vor allem in Deutschland wird die Wolle damit häufig zum Abfallprodukt. Das liegt auch daran, dass die Schafe in Deutschland (z.B. das Alpine Steinschaf) keine besonders weiche Wolle haben, diese ist passend zum nassen und kalten Wetter eher etwas rauer damit die Schafe vor Kälte und Feuchtigkeit geschützt sind.

Einen Pullover will man aus dieser Wolle eher nicht haben, denn der würde sicher kratzen, aber für Hunde,- oder Pferdedecken ist das Material perfekt, da es so robust ist. 

Wolle ist als Material ein robuster Allrounder:

  • Wolle ist rückfettend, das heißt sie arbeitet auch nach der Verarbeitung weiter und arbeitet Schmutz, Hausstaubmilben und Gerüche selbstständig heraus. Dadurch hast Du nicht nur weniger Arbeit, sondern schonst durch die Einsparung von Wasser und Energie die beim Waschen anfallen würde, auch die Umwelt.
  • Wolle ist atmungsaktiv und ein hervorragender Isolator. Es ist eine hydrophile Faser und kann eine große Menge Feuchtigkeit aufnehmen, wodurch der Körper immer trocken bleibt. Das heißt Dein Pferd schwitzt unter eine Wolle Decke nicht, da Wolle die Wärme durchlässt und nicht unter der Decke sammelt wie es z.B. bei Kunstfasern wie Mikrofasern oft der Fall ist. Das Fell unter einer Satteldecke aus Kunstfasern ist wesentlich feuchter als es bei einer Schabracke aus Wolle oder Baumwolle der Fall wäre. 
  • Wolle hat eine temperaturregulierende Eigenschaft, wodurch sie im Winter wärmt und im Sommer kühlt. 
  • Wenn Wolle ausreichend verdichtet ist, weist sie eine außergewöhnliche Fähigkeit auf, Wasser abzuweisen.
  • Der Internationale Verband der Naturtextilwirtschaft (IVN) spricht von Wolle sogar als einer „Klimaanlage“ für den Körper, da sie das „hautnahe Klima des Menschen optimal reguliert“, darum wird Wolle auch häufig in hochwertiger Sportbekleidung verwendet.

Unsere Lammfellschabracke ist wunderbar. Der Schimmel hatte durch die Mikrofaserschabracken Haare die sich nicht mehr glattstreichen ließen. Das hat die Haut aufgescheuert. Mit der Lammfellschabracke die ich gebraucht gekauft habe ist das nun nicht mehr so.

Schwieriger wird es, wenn man sich die Gewinnung von Lammfell ansieht. Lämmer sind junge Schafe, die zwar nicht immer „nur“ wegen ihrem Fell getötet werden, aber mindestens wegen ihrem Fleisch. Die Haut und Wolle können dann zwar ein Abfallprodukt sein, das macht es aber auch nur ein kleines bisschen besser und auch nicht wirklich in Ordnung. Wer kein Fleisch von Jungtieren wie Lämmern und Kälbern ist, oder sich ganz vegetarisch ernährt, wird nicht ausreichend Gründe finden, die ein Lammfell rechtfertigen. Wenn Du selbst Fleisch isst und ein Lammfell findest das als Nebenprodukt bei der Schlachtung gewonnen wurde, unterstützt Du damit, dass da Tier vollständig verwertet wird. In vielen Kulturen hat es etwas mit Respekt dem Tier gegenüber zu tun, dass man nicht nur Teile wie z.B. das Fleisch nutzt und den Rest wegwirft. 

Die Alternative zu Lammfell muss aber nicht immer gleich ein Kunstfell sein. Auch wenn ein Kunstfell „vegan“ ist, es ist nicht umweltfreundlich, ganz im Gegenteil.

Kunstfell wird genauso wie Mikrofaser aus synthetischen Fasern hergestellt welches Erdöl enthalten. Solche Textilien bestehen also aus „Plastik“ und sind in vielerlei Hinsicht eine ernste Umweltbelastung. 

  • Erdöl ist eine begrenzte Ressource auf unserem Planeten
  • Bei jedem Waschgang von synthetischen Materialien wird Mikroplastik freigesetzt, welches sich dann nicht nur in unserem Grundwasser, sondern auch in unserem Leitungswasser wiederzufinden ist. Unsere Wasserwerke können Mikroplastik aktuell nicht herausfiltern. So kommt es, dass auch Dein Pferd Mikroplastik über das Wasser aufnimmt. Mikroplastik richtet im Körper erhebliche Schäden an. Krebs und Unfruchtbarkeit sind dabei nur zwei von vielen Gesundheitsproblemen die entstehen können. Wenn Dich das Thema Wasser noch tiefer interessiert, kannst Du hier einen detaillierten Artikel dazu lesen.
  • Wenn die Produkte aus synthetischen Textilien dann irgendwann im Müll landen, werden sie i.d.R. verbrannt und setzen dabei Kohlendioxid frei. Das ist ein umweltschädliches Treibhausgas, welches mit verantwortlich für den Klimawandel ist.

Wusstest Du, dass 1 Liter Erdöl billiger ist als 1 Liter Cola? Kein Wunder, dass so viele Produkte aus synthetischen Fasern hergestellt werden, anstatt aus Naturmaterialien wie Baumwolle – es ist einfach billiger. Zudem ist Erdöl nicht abhängig von Umwelteinflüssen wie es bei Wolle der Fall ist. Erdöl ist immer verfügbar, zumindest noch, denn irgendwann wird sich diese Ressource dem Ende neigen.

Aber es geht auch ohne Umweltbelastung, Gesundheitliche Risiken und Tierleid! Auf folgendes kannst Du beim Kauf achten, um die beste Kaufentscheidung für die Umwelt, die Gesundheit von Dir und Deinem Pferd, sowie zum Wohl anderer Tiere zu treffen: 

  • Wolle von glücklichen Tieren ist teurer und i.d.R. erklären die Hersteller ihren Preis auch damit, dass hinter einem Wollprodukt kein Tierleid steckt. Du wirst also beim Lesen der Beschreibung Hinweise für die Herkunft der Wolle finden. Wenn da nichts steht, hat das meistens den Grund, dass es zu den Schafen auch nichts Gutes zu erzählen gibt.
  • Bilder von glücklichen Schafen sind kein Indiz dafür, dass die Schafe artgerecht gehalten werden.
  • Wenn Du unsicher bist, frag beim Hersteller nach. Ein verantwortungsvolles Unternehmen wird Dir ganz genau sagen können, woher die Wolle kommt und ob die Tiere für die Wolle leider mussten oder nicht.
  • Gebraucht kaufen statt neu
  • Produkte aus Secondhand-Wolle kaufen, hier wird die Wolle recycelt und erneut verwendet.
  • In Australien ist das „Mulesing“* ein gebräuchliches Verfahren, genauso wie das Baden der Schafe in Permethrin. Diese Chemikalie tötet Insekten und deren Maden und Larven. Permethrin gilt als krebserregend und befindet sich später auch als Rückstand in der Wolle. Wolle die aus Australien kommt, solltest Du darum besonders hinterfragen.
  • Auch Siegel können zur Orientierung helfen, jedoch musst Du über Siegel wissen, dass man diese als Unternehmen nur dann verwenden darf, wenn man dafür bezahlt. Viele kleine Unternehmen können sich das nicht leisten, das bedeutet aber nicht, dass diesen das Wohl der Tiere nicht im Herzen liegt. 
  • Hier ein paar Siegel, auf welche Du achten kannst: GOTS (Global Organic Textil Standard), KbT- kontrolliert biologische Tierhaltung, NATURTEXTIL IVN Zertifiziert BEST, Zque, Responsible Wool Standard (RWS).

Wir hoffen der Artikel hat Dir ein wenig dabei geholfen, das Thema Wolle zu verstehen. Es ist nicht alles schlecht, aber leider auch viel nicht immer gut. Wer Produkte aus Wolle kauft, sollte sich vor dem Kauf genau informieren.

 

*Mulesing wird das Entfernen der Haut rund um den Schwanz von Schafen bezeichnet, bei dem diese häufig keine Betäubung bekommen. Sehr schmerzhaft für das Tier und grausam anzusehen. Es ist ein in Australien gebräuchliches Verfahren, um einen Befall mit Fliegenmaden zu verhindern.

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